Die Regelinsolvenz
Das Insolvenzverfahren für Unternehmen und Selbstständige
Die Regelinsolvenz ist das allgemeine Insolvenzverfahren in Deutschland. Es wird angewendet, wenn sonst kein anderes Verfahren einschlägig ist.
Das Ziel der Regelinsolvenz ist, dass der Betrieb fortgeführt (saniert) oder aufgelöst (liquidiert) wird und dass bei natürlichen Personen nach maximal 6 Jahren die Restschuldbefreiung eintritt. Damit sind alle Schulden weg! Während des Verfahrens kann beim Schuldner nicht vollgestreckt und gepfändet werden.
Wer kann Regelinsolvenz beantragen?
Die Regelinsolvenz kann vom verschuldeten oder zahlungsunfähigen Unternehmen oder von einem Gläubiger beantragt werden (§13 InsO).
Der Gläubiger kann einen Insolvenzantrag nur stellen, wenn er ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderungen und den Eröffnungsgrund glaubhaft machen kann. Ist der Schuldner also noch nicht verschuldet oder zahlungsunfähig, sondern droht im nur die Zahlungsunfähigkeit, kann der Gläubiger kein Regelinsolvenz beantragen – sondern nur der Schuldner selbst.
Sie finden alles zur Abgrenzung von Privatinsolvenz und Regelinsolvenz hier.
Im Gegensatz zur Privatinsolvenz greift die Regelinsolvenz nicht bei privaten Personen, sondern bei wirtschaftlich selbstständigen Personen und Unternehmen. Die Regelinsolvenzverfahren ist das richtige Insolvenzverfahren für Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler. Die Regelinsolvenz wird daher auch meist Firmeninsolvenz genannt. Die Restschuldbefreiung steht auch jeder natürlichen Person im Regelinsolvenzverfahren zu. Obwohl ein Selbstständiger also der Regelinsolvenz unterfällt, kann er seine selbstständige Tätigkeit während der Insolvenz ggfs. weiter ausüben und durch die Restschuldbefreiung einen schuldenfreien Neuanfang beginnen. Dafür muss ein Wohlverhaltensphase von 3-6 Jahren durchlaufen werden.
Nach §16 InsO muss für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Eröffnungsgrund vorliegen.
- Überschuldung: Alle Verbindlichkeiten gegen den Schuldner übersteigen das Vermögen des Schuldners.
- Zahlungsunfähigkeit: Der Schuldner kann seine fälligen Forderungen nicht mehr begleichen. Dies ist der allgemeine Eröffnungsgrund.
- Drohende Zahlungsunfähigkeit: Der Schuldner ist voraussichtlich nicht in der Lage, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen und dies ist bereits absehbar.
Der richtige Antrag
Die Regelinsolvenz muss beim zuständigen Gericht beantragt werden. Sie wird nicht von Amts wegen eröffnet. Das zuständige Gericht ist das Amtsgericht im Bezirk des Unternehmenssitzes.
Die Beantragung der Regelinsolvenz oder Firmeninsolvenz ist sofort möglich – es muss kein Einigungsversuch mit den Gläubigern und auch kein Schuldenbereinigungsverfahren stattgefunden haben. Es genügt, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt.
Im Zweifel oder im Falle eines falschen Antrags wird immer auf das Regelinsolvenzverfahren zurückgegriffen. Das Gericht wird ein Regelinsolvenzverfahren beantragen, wenn der Schuldner nicht nachweisen kann, dass trotz der früheren selbstständigen Tätigkeit ausnahmsweise eine Verbraucherinsolvenz einschlägig ist. Mehr dazu hier.
Die Voraussetzungen für eine Regelinsolvenz:
1. Sie sind kein Verbraucher, sonst unterfallen Sie der Verbraucherinsolvenz/ Privatinsolvenz.
2. Es muss ein Eröffnungsgrund vorliegen: Sie haben Schulden, die Sie aufgrund einer Zahlungsunfähigkeit oder einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht bezahlen können. Dies ist der Fall, wenn Sie fälligen Zahlungspflichten nicht nachkommen können und die Zahlungen eingestellt haben.
3. Ihr Wohnort liegt in Deutschland.
Achtung: Anmeldefrist bei GmbH, GmbH & Co. KG, Aktiengesellschaft und Verein!
Bei Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften ohne Personenhaftung besteht die Pflicht, die Regelinsolvenz spätestens drei Wochen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung anzumelden. Das ergibt sich aus §15a InsO. Wird diese Anmeldefrist vom Geschäftsführer oder einer anderen verantwortlichen Person versäumt, macht sich dieser wegen Insolvenzverschleppung strafbar und kann mit Geld- oder Haftstrafe belangt werden.
Regelinsolvenz bei Selbstständigkeit?
Ist der Schuldner Unternehmer, Freiberufler, hat ein Nebengewerbe oder schreibt Rechnungen, so ist die Regelinsolvenz das richtige Verfahren. Bei einer Regelinsolvenz ist kein Vorverfahren notwendig.
War der Schuldner selbstständig, ist es aber nicht mehr, muss abgegrenzt werden, ob der Schuldner zum Zeitpunkt der Antragstellung weniger als 20 Gläubiger hat und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen gegen den Schuldner bestehen (§304 InsO). Ist dies der Fall, kann der Schuldner nach einem Einigungsversuch eine Verbraucherinsolvenz beantragen. Stehen aber beispielsweise Lohnforderungen von ehemaligen Angestellten gegen den Schuldner aus, muss dieser eine Regelinsolvenz beantragen.
Das Regelinsolvenzverfahren bedeutet nicht zwangsläufig das Ende der Selbstständigkeit. Es besteht für Sie die Möglichkeit, ihre Selbstständigkeit weiterzuführen und das Unternehmen mithilfe eines Entschuldungsplans zu sanieren. Wir beraten Sie dazu gern!
Selbstständig in der Insolvenz?
Mehr zur Abgrenzung zwischen Regelinsolvenz und Privatinsolvenz bei Selbstständigen oder ehemals Selbstständigen findet sich hier.
Sanierung oder Liquidation?
Dies ist oft die größte und schwerste Entscheidung, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens getroffen werden muss.
Ist das Unternehmen nicht mehr rentabel und die Erfolgschancen zu gering, empfiehlt es sich, das Firmenvermögen zu veräußern und auf die Gläubiger aufzuteilen. Das Unternehmen wird liquidiert. Der Insolvenzverwalter leitet dieses Verfahren ein und führt es durch. Der Insolvenzverwalter verwertet bei der Liquidierung das gesamte Unternehmensvermögen. Es können einzelne Bestandteile des Unternehmens wie Immobilien oder Maschinen verkaufen werden oder das Unternehmen wird als Ganzes verkauft. Ebenfalls kann der Insolvenzverwalter eigenständige Bereiche des Unternehmens verkaufen. Aus dem daraus entstandenen Erlös tilgt der Insolvenzverwalter zunächst die Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten und die Forderungen der absonderungsberechtigten Gläubiger. Danach verteilt er den Rest der Erlöse gemäß der Quote an alle Gläubiger. Alle Verträge und Verpflichtungen des Unternehmens werden beendet und das Unternehmen am Ende aufgelöst und aus dem Handelsregister ausgetragen.
Lohnt es sich jedoch, das Unternehmen zu erhalten, muss es saniert werden. Das insolvente Unternehmen könnte zum Beispiel verkauft werden oder es kann ein Insolvenzplan aufgestellt werden, der das Unternehmen retten soll.
Ablauf einer Regelinsolvenz
Der Ablauf einer Regelinsolvenz unterscheidet sich danach, ob eine natürliche Person oder ein Unternehmen Insolvenzschuldner ist. Für alle natürlichen Personen (im Gegensatz zu Unternehmen) gilt, dass durch ein Insolvenzverfahren nach einer Wohlverhaltensphase die Restschuldbefreiung greift. Dies ermöglicht der einzelnen Person einen schuldenfreien Neuanfang zu beginnen und auch während des Insolvenzverfahrens einen gesicherten Lebensunterhalt (z.B. durch Pfändungsfreigrenzen und das P-Konto) zu bewahren.
Da bei einer Regelinsolvenz kein außergerichtlicher Einigungsversuch notwendig ist, kann viel Zeit gespart werden. Das Insolvenzverfahren kann deutlich schneller eröffnet werden.
Wann tritt die Restschuldbefreiung ein?
Die Restschuldbefreiung kann nur bei natürlichen Personen erreicht werden. Das sind vor allem Selbstständige, Einzelunternehmer und Freiberufler. Bei Gesellschaften und Vereinen besteht keine Möglichkeit zur Restschuldbefreiung.
Wann die Restschuldbefreiung eintritt, ist von folgenden Kriterien abhängig:
- Bei einer Tilgung von 35 % der Schulden und der Verfahrenskosten kann die Restschuldbefreiung bereits nach 3 Jahren eintreten.
- Werden die Verfahrenskosten vollständig getragen, tritt die Restschuldbefreiung nach 5 Jahren ein.
- Unabhängig vom Status der Rückzahlung tritt nach maximal 6 Jahren in jedem Fall die Restschuldbefreiung ein.
Die Restschuldbefreiung bedeutet, dass alle restlichen Schulden erlassen werden. Dabei ist es unerheblich, wie hoch die Schulden waren oder wie viele Gläubiger der Schuldner hatte. Auch die bisher geleisteten Rückzahlungen an den Gläubiger haben keinen Einfluss auf die Restschuldbefreiung.
Die Restschuldbefreiung kann vom Insolvenzgericht versagt werden, wenn der Schuldner vor und während des Insolvenzverfahrens seinen Pflichten nicht nachgekommen ist.
Was bedeutet die Wohlverhaltensphase für den Schuldner?
Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens folgt die Wohlverhaltensphase. Der Schuldner muss während der Wohlverhaltensphase den pfändbaren Anteil seines Einkommens und andere Bezüge an den Insolvenzverwalter abtreten. Der Insolvenzverwalter zieht davon die Verfahrenskosten ab und verteilt einmal jährlich den Rest an die Gläubiger.
>> Lesen Sie hier mehr zu der aktuellen Pfändungstabelle und dem Pfändungsfreibetrag.
Dem Schuldner obliegen mehrere Pflichten in der Wohlverhaltensphase:
- Der Schuldner muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben oder sich um eine solche bemühen und keine zumutbare Tätigkeit ablehnen.
- Der Schuldner darf nicht mehr an die Gläubiger zahlen, sondern nur noch an den Insolvenzverwalter.
- Erbt der Schuldner während der Wohlverhaltensphase, muss er die Hälfte der Erbschaft abgeben.
- Der Schuldner muss dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich mitteilen, darf kein Einkommen oder Vermögen verschweigen und muss dem Gericht und dem Treuhänder Auskunft erteilen.
Sie haben Fragen zum Insolvenzantrag oder zur Restschuldbefreiung?
Rufen Sie einfach unter der (Tel.: (030) 4050 4030) an oder kontaktieren Sie uns bequem online über das Kontaktformular. Das Team der Anwaltskanzlei Heckmann und Rechtsanwalt Jan Heckmann persönlich helfen Ihnen gerne weiter – deutschlandweit – auch, wenn Sie nicht in Berlin wohnhaft sein sollten und z.B. eine Schuldnerberatung in Frankfurt oder Dresden wünschen. Gemeinsam finden wir Antworten und Lösungen für Ihre Fragen und Probleme.