Die Insolvenzanfechtung
In Kürze: Übertragungen von Immobilien, Firmenanteilen oder Geldsummen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden und die Gesamtheit der Gläubiger des Schuldners benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter anfechten (§129 InsO) und damit korrigieren. Dieses Verfahren nennt sich Insolvenzanfechtung. Ist die Anfechtung erfolgreich, muss die Übertragung rückgängig gemacht werden. Ziel ist es, dass kein Gläubiger bevorzugt wird und im Insolvenzverfahren möglichst viel Vermögen (Insolvenzmasse) gerecht verteilt werden kann (§1 InsO).
Klassisches Beispiel einer Insolvenzanfechtung
Die Konstellation: Sie erhalten von einem Insolvenzverwalter ein Schreiben, in dem er Sie zur Rückzahlung von Beträgen auffordert. Auch wenn Ihnen die Zahlung vertraglich zustand, kann es vorkommen, dass Sie sie von einer Person oder einem Unternehmen erhalten haben, das mittlerweile insolvent ist. Man spricht von der Insolvenzanfechtung!
Besonders unangenehm wird es, wenn Ihnen zum Beispiel eine Immobilien oder Firmenanteile verkauft oder übertragen wurden und dies schon einige Jahre zurückliegt. Das erscheint ungerecht!
Ihr möglicher Ausweg: Der Insolvenzverwalter geht durch die Insolvenzanfechtung gegen verdächtige Vermögensverschiebungen vor und muss Ihnen meist nachweisen können, dass Sie von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens oder der Person Kenntnis hatten. Da dieser Beweis aber gar nicht so einfach ist, kann eine Verteidigung gegen die Insolvenzanfechtung Aussicht auf Erfolg haben.
Warum ist die Möglichkeit einer Insolvenzanfechtung notwendig?
Die Insolvenzanfechtung soll einen Kompromiss zwischen den Interessen des Schuldners, des Gläubigers und relevanten Dritten schaffen: Bei einem Insolvenzverfahren geht es immer darum, alle vorhandenen Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen. Kein Gläubiger soll besser oder schlechter gestellt werden als ein anderer Gläubiger. Es soll nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens genau nicht darum gehen, dass der Gläubiger, der zuerst vollstreckt, auch am meisten von der Insolvenzmasse erhält.
Durch die Anfechtung versucht der Insolvenzverwalter das Schuldnervermögen wieder herzustellen. Dazu macht er sogenannte Vermögensverschiebungen rückgängig, die in der Zeit der Krise des Schuldners vor der Verfahrenseröffnung vorgenommen wurden, sofern diese zum Nachteil aller Gläubiger sind. Die Anfechtung ist ein zentrales Instrument des Insolvenzverwalters und in der Praxis von großer Bedeutung.
Zur gerechten Behandlung aller Gläubiger gilt auch mit Eröffnung des Verfahrens ein Vollstreckungsschutz: Zwangsvollstreckungsaufträge und Pfändungen werden einstellt und Gläubiger dürfen nicht mehr weiter vollstrecken. Der Insolvenzverwalter wird eingesetzt, um das vorhandene Vermögen gleichmäßig an die Gläubiger zu verteilen – der Schuldner kann bei der Verteilung an die Gläubiger nichts mehr ausrichten.
Wann tritt die Insolvenzanfechtung auf?
Oftmals geht es bei der Insolvenzanfechtung um Immobilienverkäufe und Unternehmensanteile. Auch das Verschenken oder das Verkaufen unter Wert spielt bei der Insolvenzanfechtung eine große Rolle. Insolvenzanfechtungen sind bei Regelinsolvenzen und bei Verbraucherinsolvenzen (seit der Insolvenzrechtsreform 2014) möglich.
Umfasst sind die Vermögensverschiebungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Schuldner, die die eigene Insolvenz schon absehen können, versuchen oft Vermögen kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Gläubiger zu zahlen oder zum Beispiel an Angehörige zu übertragen. Dies führt dazu, dass die Insolvenzmasse verkleinert wird und die Gläubiger weniger oder nichts erhalten.
Auch Gläubiger versuchen meist vor dem Insolvenzverfahren noch zu vollstrecken, wenn sich die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schon abzeichnet. Oder sie verlangen die Bestellung von Sicherheiten wie zum Beispiel eine Grundschuld. Sie wollen dann, dass ihre Forderungen vor allen anderen Gläubigern befriedigt werden.
In allen Fällen greift die Insolvenzanfechtung, die einen gerechten Zustand herstellen soll. Der Insolvenzverwalter – und nur dieser – darf dazu Zahlungen, die ihm verdächtig erscheinen, anfechten.
Was passiert bei einer Insolvenzanfechtung?
Die Anfechtung ist ein Anspruch des Insolvenzverwalters gegen die Gläubiger oder Dritte auf Rückgewähr. Bei der Insolvenzanfechtung wird das Schuldnervermögen wieder hergestellt, indem Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden haben. Anfechtbar sind die Rechtshandlungen, die die Gläubiger benachteiligen und die nach oder vor Antragstellung, aber auf jeden Fall vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden.
Voraussetzungen für die Insolvenzanfechtung
Der relevante Zeitraum für die Insolvenzanfechtung
Bei der Berechnung des Zeitraums ist der Tag maßgeblich, an dem der zulässige und begründete Insolvenzantrag entweder von einem Gläubiger oder vom Schuldner eingereicht wurde. Da sich das Eröffnungsverfahren auch hinziehen kann, ist es nicht vertretbar, dass der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgeblich ist. Damit könnte der relevante Zeitraum vereitelt werden.
Das Kriterium der Kenntnis
Die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit spielt im §130 und §131 InsO eine entscheidende Rolle und bietet das größte Verteidigungspotential gegen Anfechtungen. Dies resultiert daraus, dass der Insolvenzverwalter dem Gläubiger die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit nachweisen muss. Dies gestaltet sich allerdings oftmals nicht so einfach für den Insolvenzverwalter.
Auch in §133 InsO spielt die Kenntnis des Gläubigers über den Vorsatz des Schuldners eine entscheidende Rolle bei der Verteidigung gegen eine Anfechtung. Der Gläubiger muss den Vorsatz des Schuldners gekannt haben. Dies muss der Insolvenzverwalter nachweisen – auch wenn es schon einige Jahre zurückliegt. Das Wissen über den Vorsatz wird allerdings auch vermutet, wenn der Gläubiger wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§133 I 2 InsO).
Die Besonderheit bei nahestehenden Personen
Die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit wird bei nahestehenden Personen gem. §130 III InsO vermutet:
“(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.”
Wer laut InsO zu den nahestehenden Personen zählt, gibt §138 InsO vor. Umfasst sind unter anderem der Ehegatte oder Lebenspartner des Schuldners, Verwandte oder Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner leben. Bei Gesellschaften unterfallen den nahestehenden Personen ebenfalls Mitglieder des Aufsichts- oder Vertretungsorgans, Geschäftsführer und Gesellschafter.
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Was ist von der Insolvenzmasse umfasst?
Die Insolvenzmasse umfasst das gesamte Vermögen des Schuldners zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung und das gesamte Vermögen, das der Schuldner während des Verfahrens gewinnt. Die Vermögensmasse wird im Vermögensverzeichnis aufgelistet und mit den Forderungen der Schuldner verglichen. Nach Abzug der Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten errechnet der Insolvenzverwalte die Quote, nach der die Gläubiger befriedigt werden.
Bei Selbstständigen oder bei Personen, die planen, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen, muss der Insolvenzverwalter erklären, ob das Vermögen der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können (§35 InsO).
Lesen Sie hier mehr zum Insolvenzverfahren bei Selbstständigen und Freiberuflern.
Was sind Masseverbindlichkeiten?
Masseverbindlichkeiten entstehen meist nach Eintritt der Insolvenz. Der Gläubiger einer Massenverbindlichkeit ist der Massegläubiger.
Masseverbindlichkeiten sind zum Beispiel:
- die Kosten des Insolvenzverfahrens
- die Verbindlichkeiten, die während der Insolvenz entstehen und durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründet werden
- die Verbindlichkeiten, die aus Verträgen entstehen, die der Insolvenzverwalter ausgewählt hat oder die erfolgen müssen
- die Verbindlichkeiten aus Miet- und Pachtverträgen
Die Masseverbindlichkeiten sind nach §53 InsO der Insolvenzmasse abzuziehen, bevor diese quotenmäßig an alle Gläubiger verteilt wird.
Der Insolvenzverwalter
Der Insolvenzverwalter ist eine neutrale, geschäftskundige Person. Er kann auch durch die Gläubiger abgelehnt werden. Sie können dann auf der ersten Gläubigerversammlung einen neuen Insolvenzverwalter bestimmen, der vom Gericht bestätigt werden muss (§57 InsO). Der Insolvenzverwalter kann auch aus seinem Amt entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§59 InsO).
Seine Tätigkeit endet, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben wird.
In der Wohlverhaltensphase nenn man den Insolvenzverwalter Treuhänder.
Wie können Sie sich gegen eine Insolvenzanfechtung verteidigen?
Es gibt zwei Wege gegen eine Insolvenzanfechtung: die Verteidigung gegen die Anfechtung (hier meist im Rahmen der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit, die der Insolvenzverwalter Ihnen nachweisen muss) und der Vergleich mit dem Insolvenzverwalter.
Welcher Weg der richtige für Sie ist und wie Sie gegen die Insolvenzanfechtung konkret vorgehen, erfahren Sie in der anwaltlichen Beratung von Rechtsanwalt Heckmann.
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