Lohnpfändung Arbeitgeber – Wie kann ich mich als Schuldner schützen?

Berechnung pfändbares Einkommen mit Hilfe der Nettomethode § 850c ZPO

Liegt bei der Lohnpfändung des Arbeitgebers ein Pfändungsbeschluss vor, muss dieser die Höhe des unpfändbaren Einkommens berechnen. Die Höhe des daraufhin weiter an den Arbeitnehmer ausgezahlten Arbeitseinkommens wird anhand verschiedener Faktoren berechnet.

Je nach dem durch den Schuldner (Arbeitnehmer) in Anspruch genommenen Pfändungsschutz, fällt dieser Betrag weniger hoch aus.

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Lohnpfändung Arbeitgeber – Vorgehen bei der Berechnung

Bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens sind im wesentlichen zwei Parameter zu berücksichtigen.

  1. das Nettoeinkommen
  2. die Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen des Schuldners

Dabei entspricht die Höhe des Nettoeinkommens nicht immer gleich dem pfändungsrelevanten Einkommen.

Schuldnerschutz bei der Lohnpfändung des Arbeitgebers mittels unpfändbarer Beträge

In § 850a ZPO sind unpfändbare Bezüge normiert, die bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens außer Betracht bleiben müssen.

„Unpfändbar sind

1. zur Hälfte die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens;
2. die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treugelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;
3. Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;
4. Weihnachtsvergütungen bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 Euro;
5. Geburtsbeihilfen sowie Beihilfen aus Anlass der Eingehung einer Ehe oder Begründung einer Lebenspartnerschaft, sofern die Vollstreckung wegen anderer als der aus Anlass der Geburt, der Eingehung einer Ehe oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft entstandenen Ansprüche betrieben wird;
6. Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge;
7. Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen;
8. Blindenzulagen.“

Einige Einzelheiten – Mehrarbeitsstunden im Sinne von § 850a Nr. 1 ZPO sind nur die übertariflich geleisteten Arbeitsstunden. Keine Anwendung findet die Regelung, wenn für die Mehrarbeit eine Gutschrift auf einem Arbeitszeitkonto erfolgt bzw. Freizeitausgleich gewährt wird.

Im „Rahmen des Üblichen“ (§ 850a Nr. 2 ZPO) bewegen sich Urlaubszuschläge zumindest soweit sie die Hälfte des Bruttogehalts umfassen (BGH, Beschl. v. 26.04.2012 – XI ZB 239/10). Nicht erfasst ist die reguläre Lohnfortzahlung während des Urlaubs.

Die in § 850a Nr. 3 ZPO erfassten Zahlungen sind zumindest dann unpfändbar, wenn sie steuerfrei sind. Nicht erfasst sind Zuschläge für Spät-/Samstags- und Schichtarbeit.

Wann man von einer Weihnachtszahlung spricht ist in der Rechtsprechung nicht unumstritten (§ 850a Nr. 4 ZPO). Indizien können beispielsweise sein, die zeitliche Nähe zum Weihnachtsfest (allein nicht ausreichend), der Wille des Arbeitgebers das Fest finanziell zu unterstützen und die Bezeichnung als „Weihnachtsgeld“.

Unpfändbar bei der Lohnpfändung durch Arbeitgeber sind zudem vermögenswirksame Leistungen nach § 2 Abs. 7 VermBG und Leistungen des Arbeitnehmers auf vermögenwirksame Anlage nach § 11 Abs. 5 VermBG.

Berechnung pfändbares Einkommen mit Hilfe der Nettomethode

Früher hat das BAG das pfändbare Nettoeinkommen mittels der Bruttomethode berechnet. Das pfändbare Einkommen bemaß sich nach dem Nettoeinkommen des Schuldners abzüglich der unpfändbaren Beträge (brutto).

In seinem Urteil vom 17.4.2013 hat sich das BAG dann ausdrücklich für die Anwendung der Nettomethode ausgesprochen (BAG, Urt. v. 17.4.2013 10 AZR 59/12). Das pfändbare Einkommen wird entweder durch Abzug der unpfändbaren Beträge (brutto) vom Bruttoeinkommen oder der unpfändbaren Beträge (netto) vom Nettoeinkommen errechnet.

Bei der Berechnung mit den Nettobeträgen ist problematisch, dass der Arbeitgeber aus den unpfändbaren Beträgen die Steuer- und Sozialversicherungsanteile herausrechnen muss und erst dann vom Nettoeinkommen in Abzug bringen darf. Bei der Berechnung mit den Bruttobeträgen wird nach Abzug der unpfändbaren Beträge, das Nettoeinkommen neu berechnet.

Mithilfe eines vom Juristischen Institut für Forschung und Didaktik entwickelten Rechners, kann die Ermittlung des pfändbaren Arbeitseinkommens relativ einfach und sehr übersichtlich vorgenommen werde. Den Rechner finden Sie hier!

Bei der Berechnung muss der Arbeitgeber zudem bedenken, dass einzelne Beiträge immer steuerfrei sind! Zudem werden z.B. Naturalleistungen wie Dienstwagen/ Dienstwohnung ebenfalls bei der Berechnung pfändbarer Beträge berücksichtigt.

Die Berechnung des pfändbaren Einkommens mit der Nettomethode kann fehlerhaft sein! Sind Sie sich als Schuldner unsicher, ob ihr Arbeitgeber den pfändungsfreien Betrag korrekt berechnet hat? Wenden Sie sich an einen erfahrenen Fachanwalt und lassen sich beraten.

Weitere Pflichten des Arbeitgebers bei der Lohnpfändung

Den Arbeitgeber trifft bezüglich der Angabe über die Höhe des pfändbaren Einkommens eine Auskunftspflicht gegenüber dem Gläubiger, nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Er muss Angaben machen über die Anstellung, Höhe des Nettoeinkommens und die Zahlung eventueller Zuschläge. Zudem hat er das pfändbare Einkommen zu berechnen und dem Gläubiger gegenüber anzugeben. D.h. er muss die Berechnung des pfändbaren Einkommens anhand der Nettomethode durchführen. Die entsprechenden Informationen erfragt der Arbeitgeber in der Regel mittels eines vom Arbeitnehmer auszufüllenden Personalbogens.

Lesen Sie hier alles wichtige zur Rolle des Arbeitgebers bei der Lohnpfändung!

Lohnpfändung Arbeitgeber – Unterhaltsverpflichtung des Schuldners

Unterhaltsberechtigt sind neben (ehemaligem) Ehepartner und eingetragenem Lebenspartner des Schuldners v.a. Verwandte gerader Linie (Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern). Grundsätzlich werden in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Personen bei der Höhe des pfändbaren Arbeitseinkommens nicht berücksichtigt.

Mehr zum Pfändungsfreibetrag bei der Bedarfsgemeinschaft lesen Sie hier!

Die Unterhaltsverpflichtung des Schuldners führt nur zur Erhöhung des unpfändbaren Einkommens, wenn dieser den Unterhalt auch tatsächlich zahlt. Zudem kann die Unterhaltspflicht nur bei minderjährigen Kindern vermutet werden. Bei volljährigen Kindern muss die Unterhaltspflicht z.B. durch Vorlage einer Studienbescheinigung nachgewiesen werden.

„Bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens gemäß § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO gilt die sog. Nettomethode. Die der Pfändung entzogenen Bezüge sind mit ihrem Bruttobetrag vom Gesamteinkommen abzuziehen. Ein erneuter Abzug der auf diesen Bruttobetrag entfallenden Steuern und Abgaben erfolgt nicht.“ (BAG, Urteil vom 17.04.2013 – 10 AZR 59/12)

Falsche Berechnung bei der Lohnpfändung durch Arbeitgeber bei Anwendung der Nettomethode

Wird die Höhe des pfändbaren Betrags vom Arbeitgeber falsch berechnet, kann dies zweierlei Folgen haben. Entweder der Gläubiger erhält zu viel vom Einkommen des Schuldners, dann haftet der Arbeitgeber für die Restzahlung. Der Schuldner hat weiterhin einen Lohnanspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Dem Schuldner wird dabei nicht der Weg vor das Arbeitsgericht empfohlen, da dieser kostspielig und langwierig ist. Die schnellere und günstigere Option ist beim Vollstreckungs- und Insolvenzgericht einen Klarstellungsbeschluss bezüglich der Höhe des pfändbaren Nettoeinkommens zu beantragen. Zahlt der Arbeitgeber an den Gläubiger zu viel kann er den Mehrbetrag zurückfordern. In der zweiten Situation hat der Gläubiger einen Zahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber bei zu wenig Zahlung. Der Arbeitgeber kann des zu viel gezahlten Betrag vom Arbeitnehmer zurückverlangen.

Möglichkeiten für Gläubiger und Schuldner bei der Lohnpfändung Arbeitgeber die Höhe des pfändbaren Einkommens zu beeinflussen

  • Erhöhung pfändbarer Einkommensbetrag durch Anträge des Gläubigers
  • Zusammenrechnen verschiedener Einkünfte § 850e ZPO
  • Antrag auf Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Person(en) § 850c Abs. 6 ZPO
  • Antrag auf Klarstellungsbeschluss beim Vollstreckungs-/Insolvenzgericht
  • Pfändungsschutz durch Antragstellung des Schuldners
  • Antrag auf Anhebung der Pfändungsfreigrenze § 850f Abs. 1 ZPO aufgrund besonderer Umstände
  • Antrag auf Überlassung sonstiger Einkünfte § 850i ZPO
  • Antrag auf Aufhebung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme wegen besonderer Härte § 765a ZPO
Erhöhung pfändbares Einkommen durch Antragstellung des Gläubigers

Bleibt bei verschiedenen Einkünften des Schuldners, der jeweilige Betrag der einzelnen Einkommen im Rahmen der Pfändungsfreigrenze, kann der Gläubiger die einzelnen Einkünfte auf Antrag zusammengerechnet der Lohnpfändung zugrunde legen (§ 850e Nr. 2 ZPO). Dadurch kann sich doch ein pfändbarer Betrag ergeben.

Verfügt ein Unterhaltsberechtigter über eigene Einkünfte besteht kein Grund dem Schuldner den vollen Zuschlag (§ 850d ZPO) zu gewähren. Der Gläubiger kann einen Antrag stellen (§ 850c Abs. 6 ZPO) den Zuschlag gänzlich und teilweise nicht zu gewähren und so die Höhe des pfändbaren Einkommen anheben lassen. Die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens der unterhaltsberechtigten Person, für die Minderung des Zuschlags, liegt im Ermessen des entscheidenden Gerichts. Zahlt der Schuldner tatsächlich keinen Unterhalt kann der Gläubiger einen Klarstellungsantrag stellen.

Lohnpfändung des Arbeitgebers: Pfändungsschutz für Schuldner/ Arbeitnehmer

Auf Antrag erhöht sich die Pfändungsfreigrenze, soweit besondere persönliche, berufliche Bedürfnisse oder das sozialhilferechtliche Existenzminimum dies begründen (§ 850f Abs. 1 ZPO). Ein wesentliches Prinzip im Pfändungsschutz ist, dass der Schuldner nicht der Allgemeinheit zur Last fallen soll. Ein Recht auf menschenwürdiges Existenzminimums einer jeden Person ergibt sich zudem aus Art. 1 GG. Persönliche Umstände können sein Krankheit, Pflegebedürfnis oder Unterbringung im Pflegeheim des Schuldners. Besondere berufliche Umstände können erhöhte Fahrtkosten sein.

Ein Antrag nach § 850i ZPO wird in der Praxis besonders oft zum Schutz eines Teils einer Abfindungszahlung gestellt. Grundsätzlich ist die Abfindung voll pfändbar. Aber bei erfolgreicher Antragstellung kann ein Teil der Abfindung frei gestellt werden. Dieser ist alsbald zu stellen, denn nur vor Auszahlung an den Gläubiger kann noch eine Freistellung erfolgen. Das Gericht sichert, bis der Schuldner eine neue Arbeit aufnimmt, einen Teil der Abfindung als unpfändbar zu. Die Höhe bemisst sich anhand des Einzelfalls, je nach der Höhe des bisher erhaltenen Nettoeinkommens und der zu erwartenden Widereinstellung des Schuldners.

Stellt die Lohnpfändung des Arbeitgebers eines besondere Härte dar, bleibt zudem ein Antrag gem. § 765a ZPO.

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