Die Pfändungsfreigrenze bei Bedarfsgemeinschaft
Leben Sie in einer Bedarfsgemeinschaft und sind von einer Pfändung betroffen? Erfahren Sie mehr, über die wichtigsten Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung.
Neue Fassung ZPO
Am 8. Mai 2021 ist § 850f ZPO in einer neuen Fassung in Kraft getreten. Folgend finden Sie alle wichtigten Informationen zur Pfändungsfreigrenze bei einer Bedarfsgemeinschaft.
Nichteheliche Lebensgemeinschaften erlangen in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Bei der Berechnung der persönlichen Pfändungsfreigrenze im Rahmen von Bedarfsgemeinschaften bestehen jedoch teilweise noch Unsicherheiten.
Wie wirkt sich das Zusammenleben in einer sozialrechtlich anerkannten Bedarfsgemeinschaft auf den Pfändungsfreibetrag aus?
Nach § 850f Abs. 1 Nr. 1 ZPO erhöht sich die Pfändungsfreigrenze für den Schuldner soweit ihm anderenfalls der notwendige Lebensunterhalt im Sinne von Kapitel 3 und 4 SGB XII oder Kapitel 3 Abschnitt 2 SGB II nicht zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber bezieht in die Berechnung der Freigrenze solche Personen mit ein, denen der Schuldner gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist.
Eine Unterhaltsberechtigung besteht z.B. zwischen Verwandten in gerader Linie gem. § 1601 BGB. Aber auch aus den Vorschriften des SGB kann sich eine unterhaltsberechtigte Person des Schuldners ergeben, vgl. § 7 SGB II.
Sinn und Zweck der Norm ist es die in §§ 850c, 850d ZPO starre Pfändungsgrenze der individuellen Problemlage des jeweiligen Schuldners anzupassen. Über § 850f ZPO kann der Freibetrag erweitert oder der Umfang des Zugriffs des Gläubigers auf das Einkommen des Schuldners ausgedehnt werden.
Aktuelle Entscheidungen der Gerichte zur Pfändungsfreigrenze bei Bedarfsgemeinschaft
BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2017 - IX ZB 100/16
In ihrem Beschluss – BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2017 IX ZB 100/16 – lehnten die Richter eine Erhöhung des Pfändungsfreibetrags bei einem Schuldner ab, der in einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft mit einer nicht unterhaltsberechtigten Person zusammen lebt. Aufgrund der Zurechung des Schuldnereinkommens war diese Person nicht hilfebedürftig. Begründet hat der 9. Zivilsenat dies jedoch nicht mit der generellen Unanwendbarkeit des § 850f ZPO Im betreffenden Fall lagen die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Norm nicht vor. Eine Entscheidung zur Anhebung der Pfändungsfreigrenze blieb aus.
LG Bielefeld, Beschluss vom 28.01.2020 – 23 T 38/20
In seinem Beschluss vom 23.01.2020 entschied das LG Bielefeld noch, dass auch faktische Unterhaltspflichten, an eine Lebensgefährtin bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenze zu berücksichtigen sind. Die am 08.05.2021 in Kraft getretene Neufassung des § 850f I Nr. 1 ZPO normiert nun ausdrücklich, dass nur noch gesetzliche Unterhaltspflichten berücksichtigt werden für die Frage, inwieweit bei der Berechnung auch eine Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an mit dem Schuldner in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Personen zu erfolgen hat. In der Sache, bejahte das Gericht, nach der Feststellung, dass der verbleibende Betrag nach § 850c ZPO, zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts nicht ausreicht, die Erhöhung des Pfändungsfreibetrags für den Schuldner der mit seiner Lebensgefährtin in einer sozialrechtlich anerkannten Bedarfsgemeinschaft lebte.
Nach Auffassung der 23. Zivilkammer ist der Sinn und Zweck (Telos) der Vorschrift, dem Schuldner bei der Vollstreckung ein Existenzminimum zu sichern. Anderenfalls würde das Minus mittels Sozialhilfen ausgeglichen, d.h. letztlich durch Steuermittel der Allgemeinheit. Würde dem Schuldner die Sozialhilfe aufgrund der Bedarfsgemeinschaft versagt werden, müsste er diese gezwungenermaßen beenden. Das Gericht bezeichnet dies, auch unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen, als unzumutbar.
Die Pfändungsfreigrenze des Schuldners, der in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, erhöht sich nur für gesetzlich anerkannte Unterhaltsberechtigte. Die Erhöhung ist abhängig vom notwendigen Lebensunterhalt des Schuldners und der Anzahl seiner unterhaltberechtigten Personen.
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