Sanierung vor der Insolvenz: Wann ist das Unternehmen noch zu retten?

Wie kann das Unternehmen vor Insolvenz noch gerettet werden? Mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG)  hat der Gesetzgeber neue Regelungen zu Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen geschaffen, die den Betroffenen emöglichen sollen, das jeweilige Unternehmen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig das Insolvenzverfahren zu vermeiden. Das neue Gesetz beruht auf der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1023 vom 20. Juni 2019 und ist in seinen weiten Teilen bereits am 1.01.2021 in Kraft getreten.

Was setzt eine solche Sanierung für die Unternehmen voraus?

Die Sanierungsmöglichkeit eröffnet sich dadurch, dass die betroffenen Gläubiger mehrheitlich den Restrukurierungsplan bestätigen müssen. Die Initiative (Planangebot) für einen Restrukturierungsplan muss aber vom schuldnerischen Unternehmen ausgehen, § 17 StaRUG (Art. 1 SanInsFoG)).

Wann ist eine Sanierung vor der Insolvenz möglich?

Der neu eingeführte Restrukurierungsrahmen stellt ein vorinsolvenzrechtliches außergerichtliches Verfahren der Sanierung dar, so dass dies nicht uneingeschränkt gelten kann. Die Möglichkeit besteht  grundsätzlich nur für solche Unternehmen, bei denen die Zahlungsunfähigkeit droht, aber noch nicht eingetreten ist. Sobald alle Gläubiger den Plan bestätigt haben, ist die gerichtliche  Beteiligung nicht zwingend notwendig. Anderenfalls kann das Gericht gem. § 60 Abs.1 Nr.1 StaRUG  den Plan bestätigen  sowie Vollstreckungs- und Verwertungsperren anordnen.

Beachten Sie: Abgrenzung Überschuldung vs. drohende Zahlungsunfähigkeit

Der Gesetzgeber grenzt Überschuldung und drohende Zahlungsunfähigkeit streng voneinander ab, indem bei der Überschuldungsprüfung ein Prognosezeitraum von einem Jahr zugrundegelegt wird (§ 19 InsO), wobei die Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit innerhalb eines zweijährigen Prognosezeitraums erfolgen muss ( § 18 II InsO).

Insoweit können die Unternehmen, welche von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO betroffen sind, von der Sanierungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen und sind gegebenenfalls zur Insolvenzantragsstellung gem.§ 15a InsO verpflichtet.

 

Zum Zwecke der Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bleibt die Insolvenzantragspflicht gem. § 1 COVInsAG weiterhin ausgesetzt, und zwar für die Unternehmen, die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 31.12.2020 finanzielle Hilfe im Rahmen von staatlichen Hilfsprogrammen beantragt haben und bei denen die Auszahlung noch aussteht. Allerdings hat die Bundesregierung die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht  bis zum 30.04.2021 weiter verlängert.

Können nur die Unternehmen von der Möglichkeit der Sanierung profitieren?

Nein. Gem. § 30 Abs.1 StaRUG können auch natürliche Personen den Zugang zum Restrukturierungsrahmen erhalten, wenn sie unternehmerisch tätig sind, zum Beispiel Einzelunternehmer.

Was passiert, wenn die Insolvenzreife während eines Restrukturierungsverfahrens eintritt?

Wird das schuldnerische Unternehmen überschuldet oder zahlungsunfähig, obwohl das Restrukturierungsverfahren schon eingeleitet worden ist, führt dies nicht unbedingt zum Scheitern der Sanierung. Das würde dem Interesse der Gläubigergesamtheit zuwiderlaufen. 

Allerdings gilt eine ganz strenge Regelung: Das schuldnerische Unternehmen muss den Eintritt des jeweiligen Insolvenzgrundes dem Restrukturierungsgericht unverzüglich anzeigen (§§ 33 Abs.3 und 44 StaRUG), sonst treffen ihn die harten Konsequenzen wie im Falle einer Insolvenzverschleppung. (Mehr zur Insolvenzerschleppung lesen Sie hier)